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Buddenturm

Münster (DE)

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Buddenturm
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Querschnitte
Buddenturm
Modell
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Modell
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Lageplan
Buddenturm
Beschreibung

Kontext



Der Buddenturm war einst Teil der Stadtbefestigung Münsters. Dieser mittelalterliche Befestigungsring wurde nach dem Schleifen der Stadtmauer zum grünen Gürtel der Stadt, mit durchgehendem Radweg und hohem Erholungswert für die Bürger. Nur wenige Objekte zeugen noch von der ursprünglichen Funktion dieses einmaligen Stadtraums. Diese liegen dann oft auch wie verlorene Fundstücke entlang der Promenade, aus dem Zusammenhang genommen, „Museumstücke“, ihrer (bisherigen) Funktionen beraubt. „Innen“ (sicher) und „außen“ (Bedrohung) sind kaum noch nachvollziehbar. Verkehrswege, die diese Bauwerke kreuzten und die von ihnen beschützt wurden, laufen inzwischen häufig anders. 

Wir schlagen vor, diese verstreuten Fragmente aus gleicher Zeit wieder in einen gemeinsamen Kontext zu setzten, ihnen etwas gemeinsames zurückzugeben. Sie sollen wieder ein historisches Gesamtbild vermitteln, ähnlich historischen Fundstücken einer Epoche, die in einem Museumsraum versammelt werden. Beispielhaft haben wir hier eine solche Maßnahme am Buddenturm entwickelt.




Buddenturm



Der Buddenturm mit all seinen baulichen Veränderungen ist ein wichtiges Zeugnis der Stadtgeschichte. Im Zusammenhang mit der wechselvolle Vergangenheit als Wehrturm, Gefängnis, (Pulver-) Lager und Wasserturm. spinnen sich noch immer Geschichten um den Turm, über Gefangene, den Mythos einer eisernen Jungfrau. Einigen Besuchern schaudert es denn auch noch stets ob der Spukgeschichten aus dem düsteren Mittelalter.



Ohne die Einbindung in die Stadtmauer, steht der Buddenturm heute etwas verloren am Rande der Promenade. Die vielbefahrene Münzstrasse nagt an seinem Fuss, Künstler haben vergebens versucht, mit der Thematisierung der Stadtmauerreste dem Turm wieder Halt zu geben im städischen Raum. Die runde, richtungslose Form, geometrisch rein und perfekt, zeigt sich noch stets verschlossen, wehrhaft und glatt. 

Nach heutigen Maßstäben ist der Tageslichtanteil im Inneren unzureichend für eine dauerhafte Nutzung, es fehlt ein zweiter Fluchweg, die nutzbare Fläche wird fast vollständig zur Erschliessung benötigt. Das Öffnen des Baus oder andere weitreichenden bauliche Veränderungen würden den Turm all seiner Qualitäten berauben, seine Daseinsberechtigung hätte er dann ganz verloren. 




Maßnahmen



Für uns liegt es daher nahe, den 325 m² Nutzfläche des Turmbaus weitere 1350 m² in Form einer umschliessenden Hülle hinzuzufügen. Der Turm wird lediglich in einigen Geschossen durch Brücken mit dem Neubau verbunden. Der Turm bleibt freistehend. Die Höhe des Turms bleibt erfahrbar, sowohl von der Straße als auch von der obersten Ebene des Neubaus.



Der Turm war früher einmal eines der höchsten Bauwerke, eine technische Meisterleistung, furchteinfössend, uneinnehmbar. Die heutigen Mittel erlauben es uns, höher, leichter und luftiger zu bauen. Die neue Hülle überragt denn auch die Turmspitze, umschliesst den Altbau ohne ihn einzuschnüren. Eine begehbare Vitrine für ein Stück Stadtgeschichte. Das überraschende Erlebnis, dem einst höchsten Gebäude in die Dachrinne zu schauen, steht beispielhaft für den Wandel der Zeit. Wir empfinden diese Wehrarchitektur nicht mehr als bedrohlich, wir nähern uns ihr auf gleicher Ebene mit interessiertem, aufgeklärten Blick.



Die neuen ovalen Ebenen schrauben sich mit Hula-Hoop-Bewegungen um den Turm. Der Luftraum um den Altbau wird durch eine weitere, sich über die Geschosse verändernde Rundform umschrieben. Diese nach oben „mutierende“ Form erlaubt eine differenzierte Reaktion auf den Stadtraum. Der Schwerpunkt auf Strassenniveau liegt in Richtung Promenade, in der Höhe drehen sich die letzten Ebenen in die einmündende Buddenstraße. Für die Tragkonstruktion ist ein sich ebenfalls nach oben schraubendes Stützensystem oder eine tragende Fassade denkbar. Die neue Nutzung finanziert den Unterhalt des Turms, der Teil des neuen Gebäudes wird. Witterungseinflüsse werden der alten Bausubstanz nicht mehr zusetzen, da der Turm von einer zweiten Klimahülle umgeben ist.




Nutzungen



Die Kombination lichtdurchfluteter Flächen mit Aussicht über die Stadt und die Parkanlagen im Zusammenspiel mit dem introvertierten, vergleichsweise dunklen Turminneren macht vielfältige Nutzungsoptionen denkbar: Eine Hochschule (z.B. für Film und Fotografie mit Dunkelkammern im Turm), ein öffentliches Gebäude, das auch etwas über die Geschichte der Stadt Münster erzählt, eine Bibliothek (Leseräume mit Blick über die Umgebung, Archivräume und kostbare, lichtempfindliche Stücke liegen im alten Turmrund), Galerieräume mit lichtdurchflutenden Räumen für beispielsweise Skulturen oder Bildhauerei sowie dunkle Kabinette im Turm für Videoinstallationen und dergleichen, eine Diskothek mit Dancefloors in der Hülle und Darkrooms im alten Kern, um nur einige Möglichkeiten zu nennen.



Projektdaten

Typus

Öffentliches Gebäude, Umnutzung und Erweiterung


Auftraggeber

Münsterländer Architekten- und Ingenieurverein


Projektarchitekt

Helge Kühnel


Mitarbeiter

Sophia Neuhaus


Zeitraum

Wettbewerb: März 2003


Daten

Bestand: 325 m²

Erweiterung: 1.350 m²